Gesta Karoli 0002

Aus Repertorium Saracenorum
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Gesta Karoli 0002
aus dem Werk Gesta Karoli
Zitation Notker der Stammler, Taten Kaiser Karls des Grossen 9, ed. Haefele 1959, S. 62-65.
datiert auf 801
VerfasserIn Notker der Stammler
Abfassungsort St. Gallen


Inhaltsangabe

Kaiser Karl I. der Große tauscht [801] mit Emir Ibrahim ibn al-Aghlab von Ifriqiya und mit Kalif Harun al-Raschid Geschenke aus, sodass sie fortan ein gutes Verhältnis pflegen.

Volltext

Venerunt quoque ad eum [​Karl I. der Große​] legatarii regis Afrorum [​Emir Ibrahim ibn al-Aghlab​] deferentes leonem Marmaricum [​Marmarica​] ursumque Numidicum [​Numidien​] cum ferrugine Hibera [​Iberien​] Tyrioque [​Tyros​] murice et ceteris earundem regionum insignibus. Quem liberalissimus Karolus Libicosque iugi penuria confectos Europe [​Europa​] divitiis, frumento videlicet vino et oleo, non solum tunc sed et omni tempore vitę suę remunerans et larga manu sustentans, subiectos sibi atque fideles in perpetuum retentavit et ab eis non vilia tributa suscepit. Porro autem imperatori Persarum [​Kalif Harun al-Raschid​] direxit indefessus augustus equos et mulos Hispanos, pallia Fresonica alba, cana, vermiculata vel saphirina, que in illis partibus rara et multum cara comperit, canes quoque agilitate et ferocia singulares, quales ipse prius ad capiendos vel propellendos leones et tigrides postulavit. Qui ceteris muneribus quasi neglegenter inspectis requisivit a missis, quas feras et bestias canes illi debellare solerent. Cumque responsum acciperet, quia cuncta, quibus inmissi fuissent, absque mora discerperent: 'Hoc' inquit 'rei probabit eventus. Et ecce crastina die factus est maximus pastorum clamor a facie leonis fugientium. Quod cum in aula regis fuisset auditum, dixit ad legatos: 'O socii Franci, ascendite in equos vestros et exite post me'. Qui statim quasi nihil umquam laboris aut lassitudinis passi alacriter sunt regem prosecuti. Cum autem ad conspectum leonis, eminus licet, ventum fuisset, dixit satraparum satrapa: 'Instigate canes vestros in leonem'. Qui iussa complentes et acerrime advolantes a Germanicis canibus Persicum leonem comprehensum Yperboree venę gladiis duratis pro sanguine peremerunt. Quo viso nominis sui fortissimus heres Aaron ex rebus minimis fortiorem Karolum deprehendens, his verbis in eius favorem prorupit: 'Nunc cognosco, quam sint vera, que audivi de fratre meo Karolo, quia scilicet assiduitate venandi et infatigabili studio corpus et animam exercendi cuncta, quę sub celo sunt, consuetudinem habet edomandi. Quid igitur ei possum condignum rependere, qui ita me curavit honorare? Si terram promissam Abrahe et exhibitam Iosuę dedero illi, propter longinquitatem locorum non potest eam defensare a barbaris; vel si iuxta magnanimitatem suam defendere cęperit, timeo, ne finitimę regno Francorum provintię discedant ab eius imperio. Sed tamen hoc modo liberalitati eius gratificari temptabo: dabo quidem illam in eius potestatem et ego advocatus eius ero super eam; ipse vero quandocumque voluerit vel sibi oportunissimum videtur, dirigat ad me legatos suos et fidelissimum me procuratorem eiusdem provintię redituum inveniet'. Hoc ergo modo factum est, ut quod pro impossibili dixit poeta: Aut Ararim Parthus bibet aut Germania Tigrim, propter industriam vigorosissimi Karoli, exitum vel reditum missorum eius et profectionem vel reversionem legatorum Aaron de Parthia in Germaniam maniam sive de Germania in Parthiam iuvenibus, pueris et senioribus non solum possibile sed et facillimum videretur omnino; utrumlibet Ararim [​Saône​] velint accipere grammatici, eum videlicet qui Rhenum [​Rhein​], vel illum qui Rodanum [​Rhône​] praecipitat, quia hoc locorum confuderunt ignari. Ad huius rei testimonium totam ciebo Germaniam [​Germanien​], que temporibus gloriosissimi patris vestri Hludowici de singulis hobis regalium possessionum singulos denarios reddere compulsa est, qui darentur ad redemptionem christianorum terram promissionis incolentium, hoc pro antiqua dominatione atavi vestri Karoli avique vestri Hludowici [​Ludwig I. der Fromme​] ab eo miserabiliter implorantium.

Übersetzung

Es kamen zu ihm [​Karl I. der Große​] auch Beauftragte des Königs von Afrika [​Emir Ibrahim ibn al-Aghlab​], die einen Löwen aus der Marmarica [​Marmarica​] und einen Bären aus Numidien [​Numidien​] brachten nebst Erz aus Iberien [​Iberien​], Purpur aus Tyrus [​Tyros​] und andern Ehrengaben dieser Länder. Ihn und alle Libyer, die unter fortwährendem Mangel zu leiden hatten, beschenkte der freigebige Karl mit Europas [​Europa​] Reichtümern, d. h. mit Getreide, Wein und Öl nicht nur dieses Mal, sondern auch während seines ganzen Lebens und unterstützte sie mit vollen Händen, dadurch erhielt er sie sich als getreue Untertanen für alle Zeiten und empfing von ihnen nicht unbedeutenden Tribut. An den Perserkönig [​Kalif Harun al-Raschid​] aber schickte der unermüdliche Kaiser spanische Maulesel und Pferde, sowie friesische Tuche von weißer und grauer Farbe, gemustert und saphirfarben, die, wie er erfuhr, in diesen Gegenden selten und sehr teuer waren; auch Hunde, die sich durch ihre Schnelligkeit und Kühnheit auszeichneten, wie jener selbst sie vorher verlangt hatte, um Löwen und Tiger zu fangen und zu hetzen. Nachdem er die übrigen Geschenke ziemlich gleichgültig betrachtet hatte, fragte er seine Boten, was für wilde Tiere diese Hunde zu bekämpfen pflegten. Und als er den Bescheid bekam, daß sie alle, auf die sie losgelassen würden, unverzüglich zerreißen würden, da sagte er: Das wird sich bei der Probe erweisen. Und siehe, am nächsten Tage gab es ein großes Geschrei bei Hirten, die vor einem Löwen flüchteten. Als man das am Hof des Königs hörte, sagte er zu den Gesandten: Auf, Ihr fränkischen Gefährten, zu Pferd und mir nach! Sofort, wie wenn sie nie Mühsal und Müdigkeit kennengelernt hätten, folgten sie schnell dem König. Als man aber des Löwen, wenn auch noch in der Ferne, ansichtig wurde, sagte der Fürst der Fürsten: Hetzt Eure Hunde auf den Löwen! Sie folgten seinen Weisungen, und mit größtem Eifer herzueilend töteten sie den von Germanischen Hunden festgehaltenen Persischen Löwen mit ihren Schwertern aus hyperboreischem Erz, die im Blut der Sachsen gehärtet worden waren. Bei diesem Anblick brach Harun, der tapferste Träger seines Titels, indem er an der Kleinigkeit Karl als den noch stärkeren erkannte, zu seinem Lob in die Worte aus: Nun erkenne ich, wie richtig ist, was ich über meinen Bruder Karl gehört habe: daß er nämlich durch sein rastloses Jagen und sein unermüdliches Streben, Leib und Seele sich zu üben, alles, was auf Erden ist, zu unterwerfen gewohnt ist. Was kann ich nun als würdige Gegengabe dem senden, der mich so hat ehren wollen? Wenn ich ihm das Land gebe, das dem Abraham versprochen und dem Josua übergeben worden ist, kann er es wegen der Entfernung nicht gegen die Barbaren schützen, und wenn er, hochgemut wie er ist, anfängt es zu beschützen, fürchte ich, daß sich die dem Frankenreich benachbarten Gebiete von seiner Herrschaft losreißen. Dennoch will ich versuchen, in folgender Weise seiner Freigebigkeit zu entsprechen. Ich will das Land in seine Gewalt geben und als sein Vogt darüber sein. Er selbst mag, sooft er will oder es ihm zweckmäßig erscheint, seine Gesandten an mich schicken und er wird mich als den treuesten Verwalter der Einkünfte dieses Landes sehen. So geschah es, daß, was der Dichter als unmöglich bezeichnet hat, daß nämlich „der Parther aus dem Arar und Germanien aus dem Tigris trinkt", durch die Tatkraft des starken Karl, das Hin- und Herreisen seiner Gesandten und das Kommen und Gehen von Haruns Boten von Parthien nach Germanien und von Germanien nach Parthien für Jünglinge, Knaben und Greise nicht bloß möglich, sondern sogar sehr leicht erschien. Dabei bleibt es gleich, welchen der beiden Flüsse des Namens Arar die Grammatiker annehmen wollen, den, der in den Rhein [​Rhein​], oder den, der in die Rhone [​Rhône​] fließt, weil das Leute verwechseln, die die Gegenden nicht kennen. Zum Zeugnis hierfür will ich ganz Germanien [​Germanien​] aufrufen: Zur Zeit Eures ruhmreichen Vaters Ludwig [​Ludwig I. der Fromme​] musste es von jeder Hube königlichen Besitzes einen Denar geben zur Auslösung der christlichen Bewohner des Landes der Verheißung, die darum wegen der alten Herrschaft Eures Ahnherrn Karl und Eures Großvaters Ludwig elendiglich baten.

Hinweise zur Übersetzung

Notker der Stammler, Gesta Karoli 9, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 3, bearb. von Reinhold Rau (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 7), Darmstadt 2002, S. 320-427, S. 391-395.

Anmerkungen

Zur Bestimmung des Emirs vgl. Annales Regni Francorum a. 801, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS rer. Germ. [6]), Hannover 1895, S. 114, Anm. 1.

Weitere Quellenstellen

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Zitierhinweis

Gesta Karoli 0002, in: Repertorium Saracenorum, hg. von Matthias Becher und Katharina Gahbler, unter Mitarbeit von Ben Bigalke, Jonathan Blumtritt, Lukas Müller, Patrick Sahle et al., URL: https://saraceni.uni-koeln.de/wiki/Gesta_Karoli_0002 (zuletzt abgerufen am 5.12.2024).