Vita Gregorii abbatis porcetensis posterior 0001

Aus Repertorium Saracenorum
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Vita Gregorii abbatis porcetensis posterior 0001
aus dem Werk Vita Gregorii abbatis porcetensis posterior
Zitation Vita Gregorii abbatis porcetensis posterior 7, ed. Holder-Egger 1888, S. 1193.
datiert auf 986/987
VerfasserIn VerfasserIn unbekannt
Abfassungsort Burtscheid


Inhaltsangabe

Sarazenen fallen in das Gebiet von Argolis in Griechenland ein. Abt Gregor und die Mönche des Klosters fliehen. Auf der Flucht wird Gregor allerdings von Sarazenen gefangen genommen. Da er sich nicht vom Christentum lossagt und nicht die Reichtümer seines Klosters verrät, foltern ihn die Sarazenen, bis sie erschöpft sind. Im Glauben, er sei tot, lassen sie ihn zurück. Gregor versammelt daraufhin die Brüder des Klosters wieder um sich.

Volltext

7. Quomodo a Sarracenis tentus, miserabiliter afflictus est.
          Accidit enim quodam tempore Sarracenorum gentem, conflicta multitudine immensa, dira feritate Argolicorum [​Argolís​] fines irrumpere, municiones atque castra forcia mira sagacitate et industria expugnare, urbes igni ferroque solo equare, templa sanctorum atrocius prophanare, eum quoque magnificare, quicumque socios excelleret in sceleris atrocitate. Preterea populos depopulari, quosque christiani nominis professores invenirent, variis tormentis ac tormentorum instrumentis suffocare; atrocius omnia fiebant quam dici queat, quippe, ubi habundavit iniquitas [cf. Matth. 24,12], nec ibi in noticia habeatur caritas. Tanta enim erat grassancium feritas, ut electorum virorum mentes perturbarentur. Qui carnis moti infirmitate, ne inducerentur in temptacionem, quam sustinere non possent, a via impiorum declinaverunt, claustra relinquunt et amore vite labentis speluncas et antra desertorum petunt, plus confisi in solitudinibus quam monasteriorum sacratis immunitatibus. Quo diro fame terrore tactus vir Dei Gregorius [​Abt Gregor von Kalabrien​], de vita eciam anxius, cogitavit horum immanitates evitare, temptavit, ut et alios videbat, ad deserta loca fugere, sed in fuga a Sarracenis captus, ad ducem exercitus, cui Sandalis [​Sandalis​] nomen erat, adducitur et, cuius professionis ac vite fuerit, disquiritur. Qui licet pro vita trepidaret, intrepidus tamen se profitetur cristianum atque unius veri Dei permanentis in secula cultorem, vita, ut videre poterant, monachum, nec aliud se asserebat profiteri, eciamsi constaret eum mori. At Sarraceni, qui eum ceperant, minari interdum, ut fidei christiane renunciaret, blandiendo precari, nunc offerre divicias et omnium rerum copiam, nunc honores et dignitates regumque spondere graciam, que si respueret, mortem subiturum turpissimam. Sed vir Dei fundatus supra firmam petram spirituque fortitudinis in Christo roboratus [cf. Luc. 6,48], inter minas et gladios furencium non defecit, ymmo forcior quam prius apparuit, stabilis in fide, tam minas quam blandicias eorum sprevit et, scuto celesti protectus, omnia que vel minabantur vel promittebant parvipendit, ymmo universa que sibi infligere mala possent pati pro Christi nomine se velle fortiter intrepida voce clamabat. Hac tam constanti responsione efferati Sarraceni, multiplicibus tormentorum plagis hunc cruciare proponentes, non modo graviter, ymmo turpiter eum vestibus omnibus despoliant et nudum genitalibus nudis in pertica suspendunt, deque pertica in eculeum mutantes traiciunt et, manibus ferreis totum corpus viri dilacerantes, denuo in humum, ut respiraret paululum, deponunt. Hoc ea tamen intencione faciebant, quatenus lacerati corporis natura aliquantulum refocillata et rursum ad acriora tormentorum supplicia resumpta spiritum pacientis magis urgeret atque ad negandum Creatorem suum penis forcioribus impelleret. Unde virtus gracie celestis ita confessorem Domini in fidei confessione fortem detinuit, ut ante tortores quam tortus deficerent suique confusionem in corpore imbecilli sentirent. Unde, ut ocius proposita tormenta finirent, tam verecundia quam labore fatigati et pene deficientes, fustibus et gladiis eum cesum reliquerunt, Samaritanum semivivum arbitrantes mortuum. Beatissimus itaque Gregorius tam acri martirio pro Christi testimonio afflictus, tamen viam veritatis non reliquit, sed eum secutus qui ipsum eciam nunquam dereliquit, qui eciam inter furencium manus promptus adiutor et protector sibi non defuit, quamvis ulceribus plenus, quamvis plagis plurimis afflictus, quamvis, fatiscentibus membris, vix in corpore exangui palpitaret alitus, ad ovilis sui septa cepit se trahere et ultra posse cepit laborare. Fratrum quoque gregem pavore huius per silvestria turbinis dispersum pia sollercia recollegit, quem et talia pati pro Christo verbis et exemplo docuit.

Übersetzung

7. Wie er von den Sarazenen ergriffen und jämmerlich gepeinigt wurde
               Irgendwann damals nämlich geschah es, daß das Volk der Sarazenen, das sich zu einer ungeheuren Masse zusammengeschlossen hatte, mit grausamer Wildheit in das Gebiet von Argolis [​Argolís​] einbrach, Befestigungen und starke Lager mit staunenswertem Scharfsinn und Eifer eroberte, Städte mit Feuer und Schwert dem Erdboden gleichmachte, heilige Tempel abscheulicher noch entweihte und gerade den rühmte, der unter seinen Kampfgenossen an Scheußlichkeit eines Verbrechens sich hervortat. Darüber hinaus plünderten die Sarazenen die Völker völlig aus und brachten die, die sie als Bekenner des christlichen Namens antrafen, durch verschiedenartigste Folterungen und Folterwerkzeuge um. All das geschah noch scheußlicher, als mit Worten gesagt werden kann, denn wo die Bosheit überhandnimmt (vgl. Mt 24,12), dort kennt man keine Liebe. So groß nämlich war die Wildheit der wütend zu Werke Gehenden, daß selbst der Geist auserwählter Männer in Verwirrung geriet. Aus Sorge, durch die Schwachheit des Fleisches in die Versuchung geführt zu werden, vom Glauben abzufallen, der sie nicht standhalten könnten, wichen sie dem Weg der Frevler aus und verließen die Klöster, suchten aus Liebe zum Leben, das in Gefahr war, Höhlen und Grotten in der Wüste auf und hatten mehr Vertrauen zur Einöde als zum geheiligten Schutz ihrer Klöster.
               Von dieser unheilverkündenden Schreckensnachricht ergriffen, war der Mann Gottes Gregor [​Abt Gregor von Kalabrien​], gleichfalls um sein Leben besorgt, darauf bedacht, den Unmenschlichkeiten dieser Wütenden zu entgehen, und versuchte, wie er es auch bei anderen sah, in öde Gegenden zu flüchten, doch wurde er auf der Flucht von den Sarazenen gefangen, zum Anführer ihres Heeres, der Sandalis [​Sandalis​] hieß, geführt und über seinen Glauben und sein Leben verhört. Wiewohl er um sein Leben zitterte, bekannte er dennoch unerschrocken, daß er Christ sei und Verehrer des einen, wahren, in Ewigkeit fortwährenden Gottes, und zu seinem Leben erklärte er, daß er bekenne, Mönch zu sein, wie sie sehen konnten, und nicht etwas anderes, wenn ihm auch gewiß war, daß er sterben werde.
          Aber die Sarazenen hatten unterdessen begonnen, auf ihn einzuwirken, daß er sich vom christlichen Glauben lossage, indem sie ihn unter Schmeicheln aufforderten, den Reichtum und die Fülle aller Vorräte des Klosters preiszugeben und sich der Ehre und dem Ansehen und der Huld ihrer Könige zu verpflichten, was, wenn er die Forderung verweigern sollte, den schmählichsten Tod nach sich ziehen werde. Doch der Mann Gottes, auf sicheren Fels gegründet (vgl. Lk 6,48) und durch den Geist der Stärke in Christus gefestigt, wurde auch unter den Drohungen und den Schwertern der Wütenden nicht abtrünnig, ja erschien sogar stärker als zuvor. Fest im Glauben, verachtete er ebenso ihre Drohungen wie ihre Schmeicheleien, und unter dem Schutz des himmlischen Schildes mißachtete er alle ihre Drohungen und Versprechungen, ja rief sogar mit unerschrockener Stimme, daß er alles, was sie ihm an Schlimmem zufügen könnten, um Christi Namen willen standhaft erdulden wolle. Durch diese so entschiedene Antwort wild geworden, kündigten die Sarazenen ihm an, ihn mit vielfachen Folterqualen zu peinigen, beraubten ihn nicht nur auf gewaltsame, sondern sogar auf schamlose Weise aller Kleider und hingen ihn nackt mit seinen nackten Geschlechtsteilen an einer Stange auf, und von der Stange zogen sie ihn im Wechsel auf eine Streckbank, zerfleischten mit eisernen Haken den ganzen Körper des Mannes und legten ihn noch einmal auf den Boden, um ihn ein wenig Atem holen zu lassen. Gleichwohl taten sie das nur in der Absicht, um, wenn die Natur des zerfleischten Körpers sich ein wenig erholt hatte und wiederbelebt war zu noch härteren Qualen der Folterung, dem Geist des Duldenden heftiger zuzusetzen und ihn mit stärkeren Mißhandlungen dazu zu treiben, seinen Schöpfer zu verleugnen. Deshalb hielt die Kraft der himmlischen Gnade den standhaften Bekenner des Herrn im Bekenntnis des Glaubens so fest, daß die Folterer vor erneuten Folterungen gleichsam erlahmten und sich zu ihrer eigenen Verwirrung körperlich kraftlos fühlten. Von dieser Schande wie von der Anstrengung erschöpft und fast ohnmächtig, beendeten sie daher die Folterung, die sie ihm angekündigt hatten, schneller und ließen den mit Stöcken und Schwertern Geschlagenen in der Annahme liegen, der halbtote Samariter sei tot.
          So hatte nun der selige Gregor, der zum Zeugnis für Christus ein so hartes Martyrium erlitten hatte, gleichwohl den Weg der Wahrheit nicht verlassen, sondern war dem gefolgt, der auch ihn niemals verlassen hatte, der auch unter den Händen der Wütenden als bereitwilliger Helfer und Schützer stets bei ihm geblieben war. Wiewohl er voller Wunden war, wiewohl er durch so viele Schläge übel zugerichtet war, wiewohl er mit erschlaffenden Gliedern in seinem verblutenden Körper sich kaum noch lebendig regte, schleppte er sich wieder zu den Zäunen seines Schafstalls, mühte er sich wieder ab über seine Kräfte hinaus. Auch sammelte er mit frommer Klugheit wieder die Herde seiner Brüder, die aus Angst vor diesem Sturm sich in den Wäldern zerstreut hatte, und lehrte sie durch seine Worte und sein Beispiel, gleichfalls solches für Christus zu erdulden.

Hinweise zur Übersetzung

Vita Gregorii abbatis prior, in: Gregor von Kalabrien. Die beiden mittelalterlichen Lebensbeschreibungen des Gründers der Abtei Burtscheid, bearb. von Helmut Deutz (Gesellschaft Burtscheid für Geschichte und Gegenwart e.V. Schriften 7), Aachen 1997, S. 75-143, S. 93-97.

Anmerkungen

Bei der zeitlichen Einordnung und dem Berichtzeitraum wurde auf die Vita prior zurückgegriffen, da beide Quellen dasselbe Ereignis beschrieben Vita Gregorii abbatis prior 0001. Allerdings nennt die Vita posterior einen anderen Ort, wie sich auch im Ablauf der Handlung Unterschiede finden. Vgl. auch Thomas Wurzel, Die Reichsabtei Burtscheid. Kloster, Konvent, Besitz vor der Gründung im 10. Jahrhundert bis zur frühen Neuzeit (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Aachen 4), Aachen 1984, S. 12 mit Anm. 33
          Im Vergleich zu der Vita prior bildet die Geschichte über die Wunderheilung der Zahnschmerzen in der Vita posterior ein eigenes Kapitel. Da sie lediglich mit den Worten „Ea ispa tempestate“ eingeleitet wird und sich offensichtlich zeitlich nach der Folterung ereignete, bezieht sie sich nicht mehr auf die Sarazenen und wurde deshalb nicht mit aufgenommen.
        

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Zitierhinweis

Vita Gregorii abbatis porcetensis posterior 0001, in: Repertorium Saracenorum, hg. von Matthias Becher und Katharina Gahbler, unter Mitarbeit von Ben Bigalke, Jonathan Blumtritt, Lukas Müller, Patrick Sahle et al., URL: https://saraceni.uni-koeln.de/wiki/Vita_Gregorii_abbatis_porcetensis_posterior_0001 (zuletzt abgerufen am 29.04.2024).