Gesta Karoli 0001
Gesta Karoli 0001 | |
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aus dem Werk | Gesta Karoli |
Zitation | Notker der Stammler, Taten Kaiser Karls des Grossen 8, ed. Haefele 1959, S. 59-62. |
datiert auf | 801/802 |
VerfasserIn | Notker der Stammler |
Abfassungsort | St. Gallen |
Inhaltsangabe
Bericht über eine persische Gesandtschaft am Hof Kaiser Karls I. des Großen [um 801/802] und die freundschaftlichen Beziehungen zum Kalifen Harun al-Raschid. Die Gesandten überreichen Karl verschiedene wertvolle Geschenke, darunter auch einen Elefant.
Volltext
Per idem tempus etiam legati Persarum ad eum [Karl I. der Große] directi sunt. Qui situm Francie [Frankenreich] nescientes pro magno duxerunt, si litus Italie [Italien] propter famositatem Rome [Rom], cui tunc illum imperare cognoverant, apprehendere valuissent. Cumque episcopis Campanie [Kampanien] vel Tuscie [Tuszien], Emilie [Emilia] vel Ligurie [Ligurien] Burgundieque [Burgund] sive Gallie [Gallien] simul et abbatibus vel comitibus causam adventus sui indicassent dissimulanterque ab eisdem suscepti vel expulsi fuissent, tandem post anni revolutum circulum apud Aquasgrani [Aachen] famosissimum virtutibus Karolum defessi et nimio defecti reppererunt circuitu. Venerunt autem illuc in maioris XLme ebdomada maiore. Nuntiatique imperatori dilati sunt ab eius conspectu usque in vigiliam pasche. Cumque in festivitate praecipua incomparabilis ille incomparabiliter adornatus fuisset, iussit introduci personas eius gentis, quę cuncto quondam esset orbi terribilis. Quibus tamen excellentissimus Karolus ita terrificus videbatur prae omnibus, quasi numquam regem vel imperatorem vidissent. Quos ille blande susceptos hoc munere ditavit, ut quasi unus de filiis eius ubicumque vellent ambulandi et singula queque perspiciendi et quecumque rogandi vel interrogandi licentiam haberent. Quo tripudio gestientes ipsi adherere, ipsum inspicere ipsumque admirari cunctis orientalibus praeposuere divitiis. Ascendentesque in solarium, quod ambit ędem basilice, et inde despectantes clerum vel exercitum iterumque et iterum ad imperatorem regredientes propterque leticię magnitudinem risum retinere nequeuntes complosis manibus aiebant: 'Prius terreos tantum homines vidimus, nunc autem aureum. Deinde ad singulos procerum accedentes novitatemque vestimentorum sive armorum admirati ad mirabiliorem sunt augustum regressi. Quod cum eadem nocte et sequenti dominica iugiter in ęcclesia facerent, in ipsa sacrosancta die ad opipare convivium opulentissimi Karoli cum Francie [Frankenreich] Europeve [Europa] proceribus sunt invitati. Sed tamen rerum miraculo perculsi propemodum exsurrexere ieiuni. Postea Phebea spargebat lampade terras, Titoni croceum linquens Aurora cubile, cum ecce quietis et otii impatientissimus Karolus ad venatum bissontium vel urorum in nemus ire et Persarum nuncios secum parat educere. Qui cum ingentia illa viderent animalia, nimio pavore perculsi in fugam conversi sunt. […] Attulerunt autem Perse imperatori [Kalif Harun al-Raschid] elephantum et simias, opobalsamum, nardum unguentaque varia, pigmenta, odoramenta vel medicamenta diversissima, adeo ut orientem evacuasse et occidentem viderentur implesse. Cumque multa apud imperatorem familiaritate uti cepissent, quadam die cum iam lętiores essent et grecingario fortiori incaluissent caluissent, ad Karolum, serietate sobrietateque semper caluissent, ad Karolum, serietate sobrietateque semper armatum, ioculariter hec prolocuti sunt: 'Magna quidem est, o imperator, potentia vestra, sed multo minor rumore, quo apud orientalia regna diffamati polletis'. Quo ille audito et profundissima indignatione dissimulata ioculariter inquisivit ab eis: 'Cur ita, filii mei, dicitis? vel hoc vobis unde videtur?' At illi repetentes a principio narraverunt ei cuncta, quę sibi in cismarinis partibus contigerunt, dicentes: 'Nos Perse vel Medi Armeniique vel Indi, Parthi et Elamite omnesque orientales multo magis vos quam dominatorem nostrum Aaron timemus. De Macedonibus autem vel Achivis quid dicamus? Qui iam iamque magnitudinem vestrum plus se fluctibus Ionii oppressuram pavitant. Insulani autem omnes, per quos iter habuimus, ad obsequium vestrum ita prompti sunt et intenti, quasi in palacio vestro nutriti fuerint et beneficiis ingentibus honorati. Istarum autem partium primores, ut nobis videtur, non satis curant de vobis, nisi tantum in praesentia vestra. Nam cum eis utpote peregrini perinde suggereremus, ut aliquid nobis humanitatis in vestri amore, quia vos quęreremus, exhibere dignarentur, inadiutos et vacuos dimiserunt'. Tunc imperator omnes comites et abbates, per quos idem missi profecti sunt, cunctis honoribus denudavit. Episcopos autem infinitę pecunię multavit vel dampnavit. Legatos vero cum ingenti cautela et honore ad usque proprios fines deduci praecepit.
Übersetzung
Zu dieser Zeit wurden auch Gesandte der Perser an ihn [Karl I. der Große] geschickt. Da diese die Lage Franciens [Frankenreich] nicht kannten, hielten sie es für eine große Sache, wenn sie die Küste Italiens erreichen könnten, wegen der Berühmtheit Roms, über das jener, wie sie erfahren hatten, damals gebot. Und als sie den Bischöfen Campaniens [Kampanien] und Tusciens [Tuszien], der Emilia [Emilia] und Liguriens [Ligurien], Burgund [Burgund] und Galliens [Gallien], sowie den Äbten und Grafen die Ursache ihres Kommens angezeigt hatten und von diesen ohne Aufsehen empfangen oder abgewiesen wurden, fanden sie endlich nach Verlauf eines Jahres ermüdet und erschöpft durch den weiten Umweg in Aachen [Aachen] den durch seine Tugenden hochberühmten Karl. Bei ihrer Ankunft war gerade die Hauptwoche der großen Fastenzeit, und als man sie dem Kaiser meldete, wurden sie mit ihrer Audienz auf Sonnabend vor Ostern verschoben. Als nun am Hauptfest der Unvergleichliche in unvergleichlicher Weise geschmückt war, ließ er die Männer aus dem Volk hereinführen, das einst dem ganzen Erdkreis furchtbar war. Doch der hervorragende Karl erschien ihnen im Vergleich zu allen andern so schrecklich, als ob sie niemals einen König oder Kaiser zu Gesicht bekommen hätten. Er nahm sie freundlich auf und gewährte ihnen die Gunst, wie einer von seinen Söhnen, überall hinzugehen, wohin sie wollten, sich alles im Einzelnen zu betrachten und nach allem zu fragen und sich zu erkundigen. Erfreut darüber zogen sie es allen Schätzen des Ostens vor, an seiner Seite zu bleiben, ihn zu betrachten und zu bewundern. Sie stiegen auf den Söller, der das Gebäude der Basilica umgibt, schauten von hier aus Geistlichkeit und Wehrmacht zu, kehrten dann wieder zum Kaiser zurück und sagten, indem sie vor der Größe ihrer Freude das Lachen nicht verhalten konnten und in die Hände klatschten: Bisher haben wir nur Menschen aus Erde gesehen, jetzt aber aus Gold. Dann traten sie an die einzelnen Großen heran, bewunderten, was für sie neu war, ihre Gewänder und Waffen, und kamen wieder zu dem noch wunderbareren Kaiser zurück. Als sie solches in dieser Nacht und am folgenden Ostersonntag in einem fort in der Kirche taten, wurden sie am hochheiligen Tage selbst zu einem herrlichen Festmahl des reichen Karl geladen, zusammen mit den Großen Franciens [Frankenreich] oder Europas [Europa]. Das Staunen über die Dinge brachte sie jedoch so durcheinander, daß sie von hier fast nüchtern wieder aufstanden. Später „als die Morgenröte, das safranfarbene Lager des Tithonus verlassend die Länder mit dem Lichte des Phöbus übergoß“, siehe da rüstete sich Karl, dem Ruhe und Muße unerträglich sind, zur Jagd auf Wisente und Auerochsen in den Wald zu ziehen und die Gesandten der Perser mit sich zu nehmen. Beim Anblick dieser gewaltigen Tiere ergriffen sie aber, von großem Schrecken erfaßt, die Flucht. […] Die Perser brachten aber dem Kaiser einen Elefanten und Affen, Balsam, Narden, mancherlei Salben, Gewürze, Wohlgerüche und Heilmittel der verschiedensten Art, so daß es schien, als hätten sie den Osten geräumt und den Westen angefüllt. Sie traten in ein enges Freundschaftsverhältnis mit dem Kaiser und eines Tages, als sie schon recht fröhlich geworden waren und ein starker Grätzinger [Weizenbier?] sie erhitzt hatte, sagten sie im Scherz zu Karl, der immer mit Ernst und Nüchternheit gewappnet war, folgendes: Groß ist, o Kaiser, Eure Macht, aber lange nicht so groß, wie Euer Ruhm, der in den Königreichen des Ostens verbreitet ist. Er hörte das an, ohne seine tiefe Empörung zu zeigen, und fragte sie im Scherz: Weshalb sagt Ihr das, meine Söhne? Und warum seid Ihr dieser Meinung? Da erzählten sie ihm von Anfang an alles, was sie in den Gebieten diesseits des Meeres erlebt hatten und sagten: Wir Perser, Meder, Armenier, Inder, Pariher, Elamiten und alle Völker des Ostens fürchten Euch viel mehr als unsern Beherrscher Harun [Kalif Harun al-Raschid]. Aber was sollen wir von den Mazedoniern und den Achäern sagen? Die fürchten, daß Eure Größe sie demnächst mehr verschlingen wird als die Fluten des jonischen Meeres. Auf allen Inseln aber, wo wir vorübergekommen sind, sind die Bewohner zum Gehorsam gegen Euch so bereit und so eifrig, wie wenn sie in Eurem Palast aufgewachsen und mit großen Wohltaten überhäuft worden wären. Aber die Großen hierzulande kümmern sich, wie uns dünkt, nicht gerade um Euch außer in Eurer Anwesenheit, denn wenn wir als Fremde sie darum baten, sie möchten aus Liebe zu Euch, da wir ja Euch aufsuchen wollten, uns einige Freundlichkeit erweisen, ließen sie uns ohne Beistand und mit leeren Händen ziehen. Da entzog der Kaiser all den Grafen und Äbten, durch deren Gebiet die Gesandten gekommen waren, alle ihr Lehen, den Bischöfen aber legte er unendliche Geldstrafen oder Verbannung auf. Den Gesandten selbst ließ er mit großer Sorgfalt und reichen Ehren bis zu ihrem eigenen Gebiet das Geleite geben.
Hinweise zur Übersetzung
Notker der Stammler, Gesta Karoli 8, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 3, bearb. von Reinhold Rau (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 7), Darmstadt 2002, S. 320-427, S. 387-391.
Anmerkungen
Vgl. Vita Karoli Magni 0002; Annales Fuldenses 0016, Annales Fuldenses 0021, Chronicon cum Continuatione Treverensi 0014, Chronicon cum Continuatione Treverensi 0021, Annales Hildesheimenses 0006, Annales regni Francorum 0008, Annales regni Francorum 0010, Annales regni Francorum 0017, Annales Altahenses 0004, Lamperti Hersfeldensis Annales 0004, Bernoldi Chronicon 0008, Chronicon de sex aetatibus mundi 0013, Chronicon de sex aetatibus mundi 0016, Annales Quedlinburgenses 0005, Chronicon in aetates sex divisum 0006, Annales Lobienses 0006, Mariani Scotti Chronicon 0009.
Weitere Quellenstellen
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Zitierhinweis