Sog. Fredegar-Chronik mit Fortsetzung 0008
Sog. Fredegar-Chronik mit Fortsetzung 0008 | |
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aus dem Werk | Sog. Fredegar-Chronik mit Fortsetzung |
Zitation | Fredegar, Chronik IV,65-66, ed. Krusch 1888, S. 153f. |
datiert auf | 623, 628, 632 |
VerfasserIn | VerfasserIn unbekannt |
Abfassungsort | Abfassungsort unbekannt |
Inhaltsangabe
Der oströmische Kaiser Herakleios deutet [628 bzw. 632 oder 623] in den Sternen, dass das römische Reich von beschnittenen Völkern bedroht werden wird. Daraufhin lässt er alle Juden in seinem Reich taufen und schickt eine Gesandtschaft an den fränkischen König Dagobert I., um diesem dasselbe zu raten. Dagobert folgt dem Rat. [634] fallen allerdings Sarazenen ins oströmische Reich ein, verwüsten mehrere Provinzen und besiegen ein römisches Heer. Beim Versuch Rache zu nehmen wird Kaiser Herakleios 636 erneut von den Sarazenen besiegt, die daraufhin weitere römische Provinzen verwüsten und im folgenden Jahr nach Jerusalem ziehen.
Volltext
65. […] Cum esset litteris nimius aeruditus, [Herakleios] astralocus effecetur; per quod cernens, a circumcisis gentibus divino noto emperium [Römisches Reich] esse vastandum, legationem ad Dagobertum regem Francorum [Dagobert I.] dirigens, petens, ut omnes Iudeos regni sui ad fidem catolecam baptizandum preciperit. Quod protenus Dagobertus emplevit. Aeraglius per omnes provincias emperiae [Römisches Reich] talem idemque facere decrevit. Ignorabat, unde haec calametas contra emperium surgerit.
66. Agarrini, qui et Saracini, sicut Orosiae liber testatur, gens circumcisa ad latere montes Caucasi [Kaukasus] super mare Cypium [Kaspisches Meer] terram Ercoliae coinomento iam olem consedentes, in nimia multetudine crevissent, tandem arma sumentis, provincias Aeragliae emperatores vastandum inruunt, contra quos Aeraglius milites ad resistendum direxit. Cumque priliare cepissint, Saracini milites superant eosque gladio graveter trucedant. Fertur, in eo prilio cento quinquagenta milia militum a Saracinis fuisse interfecta; espolia eorum Saracini per legatus Aeraglio recipiendum offerunt. Aeraglius cupiens super Saracinus vindictam, nihil ab his spolies recepere voluit. Congregatis undique de universas provincias emperiae nimia multetudinem militum, transmittens Aeraglius legationem ad portas Cypias, quas Alexander Magnos Macedus [Alexander III. der Große] super mare Cespium [Kaspisches Meer] aereas fiere et serrare iusserat propter inundacione gentium sevissemorum, que ultra montem Caucasi culmenis habetabant, easdem portas Aeraglius aperire precipit; indique cento quinquagenta milia pugnatorum auroque locatus auxiliae suae contra Saracinus priliandum aemittetur. Saracini duos habentes princepis, ducenta fere milia erant. Cumque castra nec procul inter se exercitus uterque posuissit, ita ut in crastena bellum inirent confligentes, eadem nocte gladio Dei Aeragliae exercitus percotitur; in castris quinquaginta et duo milia ex militibus Aeragliae in stratum mortui sunt. Cumque in crasteno ad prilium debebant adgredere, cernentes eorum exercitum milites partem maxema devino iudicio interfectam, adversus Saracinus nec ausi sunt inire prilium. Regressus omnes exercitus Aeragliae ad propries sedebus, Saracini more quo ceperant provincias Aeragliae emperatores adsiduae vastandum pergebant. Cum iam Hierusolemam [Jerusalem] propinquassint, Eraglius vedens, quod eorum violenciae non potuissit resistere, nimia amaretudines merorem adreptus, infelex Euticiana aerese iam sectans, Christi cultum relinquens, habens uxorem filiam sorores suae, a febre vexatus, crudeleter vitam finivit. Cui successit emperiae gradum Constantinus, filius eius, cuius tempore pars publeca a Saracines nimium vastatur.
Übersetzung
65. […] Neben seinen großen Kenntnissen in den Wissenschaften wurde er [Herakleios] (auch) Astrologe; als er dabei erkannte, daß es Gottes Wille sei, daß das Römische Reich [Römisches Reich] von beschnittenen Völkern verwüstet werden solle, schickte er eine Gesandtschaft an den Frankenkönig Dagobert [Dagobert I.] mit der Bitte, er möge Befehl geben, alle Juden, die in seinem Reiche lebten, auf den katholischen Glauben zu taufen. Diese Bitte erfüllte Dagobert sofort. Heraklius aber befahl, in allen Provinzen des Römischen Reiches [Römisches Reich] dasselbe zu tun. Aber er wußte nicht, von wo aus diese Bedrängnis über sein Reich kommen würde.
66. Die Leute von Hagar, die auch Sarazenen genannt werden, wie das Buch des Orosius bezeugt, sind ein beschnittenes Volk, das schon von alters her an den Abhängen des Kaukasusberges [Kaukasus] am Kaspischen Meere [Kaspisches Meer] in einem Lande lebte, das Ercolia genannt wurde; als ihre Bevölkerung zu dicht geworden war, griffen sie schließlich zu den Waffen und fielen in die Provinzen des Kaisers Heraklius ein, um sie zu plündern; Heraklius sandte ihnen Soldaten entgegen, um ihnen Widerstand zu leisten. Als es aber zum Kampfe kam, besiegten die Sarazenen die römischen Soldaten und fügten ihnen eine schwere Niederlage zu. In dieser Schlacht sollen 150 000 römische Soldaten von den Sarazenen getötet worden sein; die Ausrüstungsgegenstände aber(, die sie ihnen abgenommen hatten,) boten die Sarazenen durch Unterhändler Heraklius zum Rückkauf an. Heraklius, der aber an den Sarazenen Rache zu nehmen begehrte, wollte nichts von diesen geraubten Gütern zurückkaufen. Heraklius versammelte also von allen Provinzen seines Reiches eine unüberschaubare Zahl Soldaten, dann schickte er eine Gesandtschaft zu der Kaspischen Pforte, die der Mazedone Alexander der Große [Alexander III. der Große] am Kaspischen Meere [Kaspisches Meer] aus Erz erbauen und fest hatte verriegeln lassen, weil (ständig) äußerst wilde Völker eindrangen, die jenseits der Höhe des Kaukasus wohnten; eben diese Tore ließ Heraklius nun öffnen und durch sie strömten 150 000 Streiter und um Gold gekaufte Hilfstruppen, um gegen die Sarazenen zu kämpfen. Die Sarazenen, die unter zwei Anführern standen, waren etwa 200 000 Mann stark. Als aber beide Heere nicht weit voneinander ihre Lager aufgeschlagen hatten, um am nächsten Tag die Schlacht mit einem Sturmlauf beginnen zu können, da wurde in derselben Nacht das Heer des Heraklius vom Schwerte Gottes zerschmettert; im Lager starben 52 000 von den Soldaten des Heraklius auf ihren Lagerstätten. Als die Soldaten am nächsten Tag zur Schlacht antreten sollten, sahen sie, daß der größte Teil ihres Heeres durch göttlichen Richtspruch getötet worden war, und wagten nicht, die Sarazenen anzugreifen. So zog das ganze Heer des Heraklius in seine Heimat zurück; die Sarazenen aber fuhren fort, so, wie sie begonnen hatten, die Provinzen des Kaisers Heraklius unaufhörlich heimzusuchen. Als sie schon in die Nähe von Jerusalem [Jerusalem] vorgedrungen waren und Heraklius einsah, daß er ihrer Gewalt keinen Widerstand entgegensetzen konnte, gab er, der Unglückliche, der schon der Irrlehre des Eutyches anhing und die Tochter seiner Schwester zu seiner Gemahlin hatte, zutiefst verbittert, den Glauben an Christus auf und beschloß, vom Fieber geplagt, auf erbärmliche Weise sein Leben. Ihm folgte in der Kaiserwürde sein Sohn Konstantin, zu dessen Zeiten das Römische Reich [Römisches Reich] von den Sarazenen entsetzlich verwüstet wurde.
Hinweise zur Übersetzung
Die vier Bücher der Chroniken des sogenannten Fredegar – Die Fortsetzungen der Chroniken des sogenannten Fredegar, bearb. von Andreas Kusternig – Herbert Haupt, in: Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 4a), Darmstadt ²1994, S. 1-325, S. 231-235.
Anmerkungen
In Kap. 65 wird lediglich von einer Bedrohung durch beschnittene Völker berichtet; hierbei ist noch nicht von einer Interaktion die Rede. Zu dieser kommt es erst in Kap. 66, wenn die Bedrohung tatsächlich eintrifft. Zur Datierung vgl. Die vier Bücher der Chroniken des sogenannten Fredegar – Die Fortsetzungen der Chroniken des sogenannten Fredegar, bearb. von Andreas Kusternig – Herbert Haupt, in: Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 4a), Darmstadt ²1994, S. 1-325, S. 232, Anm. 72, sowie S. 233f., Anm. 77, 81, 83.
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