Vita Sancti Willibaldi 0003

Aus Repertorium Saracenorum
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Vita Sancti Willibaldi 0003
aus dem Werk Vita Sancti Willibaldi
Zitation Vita Willibaldi episcopi Eichstetensis, ed. Holder-Egger 1887, S. 94f.
datiert auf 724
VerfasserIn Hugeburg von Heidenheim
Abfassungsort Heidenheim


Inhaltsangabe

Als Willibald [ab 745 Bischof von Eichstätt] und seine Gefährten in der Nähe von Emesa (heutiges Homs) um Erlaubnis bitten, den Weg nach Jerusalem fortzusetzen, geraten sie erneut in sarazenische Gefangenschaft: Sie werden durch den Statthalter von Homs in Kerkerhaft gesetzt, während dieser Zeit von Einheimischen mit Nahrung versorgt und erst nach Fürsprache westlicher Reisender, wie einem Spanier, von dem Kalifen Hisham ibn Abdalmalik von Damaskus freigelassen.

Volltext

[…] venerunt ad palatium [​Homs​], ut rogarent illis viam transire ad Hierusalem [​Jerusalem​]. Cumque illic veniebant, statim ille preses dixit, quod speculatores fuissent, et precepit illos in carcerem trudi usque ad illum tempus, quo repperiret a rege [​Kalif Hisham ibn Abdalmalik​], quid fecisset de illorum causa. Cumque illi fuerant in carcere, confestim miro omnipotentis Dei dispensatione, qui pius ubique suos inter tela et tormenta, inter barbaros et belligeros, inter carceres et contumacium catervas suo protegere parma tutosque conservare dignatus est, unus homo fuit ibi negotiator, qui sibi in elemosinam et animae suae redemptionem volebat illos redemere et de carcere eripere, ut liberi essent pergere in suam voluntatem, et non poterat. Sed econtra cottidie misit illis prandium et cenam, et in quarta feria et in sabbato misit filium suum in carcerem, et eduxit eos ad balneum et iterum introduxit; et dominica die ducebat eos ad aecclesiam per mercimonium, ut de rebus venalibus viderent, quid eorum mente delectaret, et ille tunc suo pretio illis opteneret, quidquid illorum mente aptum foret. Illi cives urbium curiosi iugiter illic venire consueverant illos speculare, qui iuvenes et decori et vestium ornatu induti erant bene. Tunc illis in carcere commorantibus, unus homo de Ispania [​Spanien​] venit et loquebat cum illis in carcere et diligenter ab illis inquisivit, quid essent aut unde essent. Et illi dixerunt ei omnia secundum ordinem de sua itinere. Ille Ispanius homo habebat fratrem in palatio regis, qui fuit cubicularius regis Sarracinorum. Cumque ille preses, qui eos in carcere mittebat, ad palatium veniebat, et ille Ispanius, qui cum illis in carcere loquebatur, et ille nautor in cuius nave fuerunt, quando pergebant de Cypro [​Zypern​], omnes simul venerunt coram rege Sarracinorum cui nomen Myrmumni [​Kalif Hisham ibn Abdalmalik​]. Et cum locutio evenerat de illorum causa, ille Ispanius homo omnia que illi dixerunt ei in carcere suo intimavit fratre et illum rogavit, ut regi indicasset et in subsidia illis foret. Post haec itaque cumque omnes isti tres simul coram rege veniebant et omnia iuxta ordinem intimando illo indicabant de eorum causa, ille rex interrogavit, unde essent; et illi dixerunt: 'De occidentale plaga, ubi sol occasum habet, isti homines veniebant, et nos nescimus ruram citra illis et nihil nisi aquam'. Et ille rex respondit eis dicens: 'Quare nos debemus eos punire? Non habent peccatum contra nos. Da eis viam et sine illos abire!' Alii homines, qui in carcere habebantur, debebant censum reddere unum tremesem, illis fuit concessum.

Übersetzung

[…] und kamen zu einem Palast [​Homs​], um dort für sich die Erlaubnis zu erbitten, daß sie den Weg nach Jerusalem [​Jerusalem​] zurücklegen dürfen. Und als sie dorthin kamen, behauptete sogleich jener Statthalter, daß sie Kundschafter wären, und er gab den Befehl, sie in den Kerker zu werfen bis zu dem Zeitpunkt, an dem er vom König [​Kalif Hisham ibn Abdalmalik​] erfahren habe, was er in ihrer Angelegenheit tun sollte. Und während sie im Gefängnis waren, erfuhren sie sogleich das wunderbare Walten des Allmächtigen Gottes, der sich gewürdigt hat, in seiner Güte überall die Seinen im Hagel der Geschoße und auf der Folterbank, inmitten barbarischer und kriegsführender Menschen, im Kerker und im Haufen der Verstockten mit seinem Schild zu schirmen und unversehrt zu erhalten. Ein Mann lebte dort, ein Kaufmann, der zu seinem Verdienste und zur Rettung seiner Seele sie loskaufen und aus dem Kerker befreien wollte, damit sie in Freiheit in der Lage versetzt würden, nach ihrem Gutdünken weiterzupilgern. Und er vermochte es nicht. Jedoch schickte er ihnen dafür jeden Tag das Mittag- und Abendessen. Und am Mittwoch und am Samstag sandte er seinen Sohn in das Gefängnis. Und der führte sie heraus in das Bad und dann wieder zurück. Und am Sonntag nahm er sie mit zur Kirche über den Markt, damit sie unter den verkäuflichen Waren das sehen sollten, was ihren Sinn erfreute, und damit er sodass aus seiner eigenen Tasche ihnen das erstände, was nur irgendwie ihrem Wunsche entsprach. Die Bürger der Stadt pflegten nun voll Neugierde jedesmal dorthin zu kommen, um sie zu sehen, denn sie waren jung und von gutem Aussehen und mit schönen Gewändern wohl ausgestattet. Alsdann, während sie noch im Gefängnis weilten, kam ein Mann aus Spanien [​Spanien​] zu ihnen und er unterhielt sich mit ihnen im Kerker und aufmerksam erkundigte er sich bei ihnen, wer sie seien und woher sie kämen. Und sie berichteten ihm alles der Reihe nach über ihre Reise. Jener Mann aus Spanien hatte einen Bruder im Palast des Königs. Dieser war Kämmerer des Königs der Sarazenen. Und als der Statthalter, der sie in Haft genommen hatte, in den Palast kam, da erschien auch der Spanier, der mit ihnen im Gefängnis eine Unterredung hatte, und der Kapitän, auf dessen Schiff sie waren, als sie von Cypern [​Zypern​] weiterfuhren. Sie alle fanden sich zugleich vor dem König der Sarazenen ein, der die Bezeichnung Myrmumni [​Kalif Hisham ibn Abdalmalik​] führte. Und als nun das Gespräch auf ihre Angelegenheit kam, da teilte der Spanier alles, was sie ihm Gefängnis gesagt hatten, seinem Bruder mit und bat ihn, er möchte es dem König vortragen, auf daß es ihnen zum Schutze gereiche. Als sie nun hierauf alle drei miteinander vor den König kamen und ihm alles der Reihe nach eingehend über deren Angelegenheit vortrugen, da fragte sie der König, woher sie wären. Und sie antworteten ihm: 'Aus dem Lande im Westen, wo die Sonne ihren Untergang hat, sind jene Männer gekommen. Und wir kennen kein Land mehr, das dahinterliegt, und nichts als Wasser.' Und der König antwortete ihnen und sprach: 'Warum sollen wir sie bestrafen? Sie haben kein Verschulden wider uns. Gib ihnen den Weg frei und laß sie ziehen!' Andere Personen, die in Haft gehalten wurden, mußten als Abgabe eine Drittelmünze bezahlen, ihnen aber wurde sie erlassen.

Hinweise zur Übersetzung

Das Leben Willibald’s, des Bischofs von Eichstätt, übers. v. Andreas Bauch, in: Quellen zur Geschichte der Diözese Eichstätt 1: Biographien der Gründungszeit, hg. von dems. (Eichstätter Studien 19), Eichstätt ²1984, S. 23-87, hier S. 51, 53.

Anmerkungen

Die Kalifen von Damaskus führten seit Kalif Omar (634-644) die Bezeichnung ‚Emir al Mu'minin‘ – d.h. ‚Fürst der Gläubigen‘ –, von welcher sich die Wortbildung ‚Myrmumni‘ abgeleitet hat, vgl. hierzu Das Leben Willibald’s, des Bischofs von Eichstätt, ed. Andreas Bauch, in: Quellen zur Geschichte der Diözese Eichstätt 1: Biographien der Gründungszeit, hg. von dems. (Eichstätter Studien 19), Eichstätt ²1984, S. 53, Anm. 85.
Zu Willibalds Eichstätter Bischofsweihe vgl. Lutz E. von Padberg, Art. Willibald v. Eichstätt, in: Lexikon des Mittelalters 9, Sp. 211-212 [Brepolis Medieval Encyclopaedias – Lexikon des Mittelalters Online, 2017-08-31].
Die Datierung ergibt sich aus der zeitlichen Einordnung der vorherigen Quellenstellen, vgl. Vita Sancti Willibaldi 0001, Vita Sancti Willibaldi 0002.

Weitere Quellenstellen

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Zitierhinweis

Vita Sancti Willibaldi 0003, in: Repertorium Saracenorum, hg. von Matthias Becher und Katharina Gahbler, unter Mitarbeit von Ben Bigalke, Jonathan Blumtritt, Lukas Müller, Patrick Sahle et al., URL: https://saraceni.uni-koeln.de/wiki/Vita_Sancti_Willibaldi_0003 (zuletzt abgerufen am 21.11.2024).