Vita Hludovici Pii imperatoris 0007

Aus Repertorium Saracenorum
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zurück zum Werk (Vita Hludovici Pii imperatoris)
Vita Hludovici Pii imperatoris 0007
aus dem Werk Vita Hludovici Pii imperatoris
Zitation Vita Hludovici imperatoris 15, ed. Tremp 1995, S. 324-328.
zeitliche (Quellen-)Angabe 807
datiert auf 808
VerfasserIn Sog. Astronomus
Abfassungsort Corvey, St. Denis, Orléans


Inhaltsangabe

Das Heer König Ludwigs I. des Frommen wird auf Geheiß Kaiser Karls I. des Großen 807 [808] nach Spanien geschickt. In Barcelona wird ein Plan geschmiedet, um die Mauren zu überlisten. Dieser misslingt allerdings, da das heimliche Anrücken der fränkischen Truppen durch einen Mauren aufgedeckt wird. Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit siegen die Franken in der Schlacht.

Volltext

[XV.] Sequenti vero tempore iterum rex Hludouuicus [​Ludwig I. der Fromme​] expeditionem in Hispaniam [​Spanien​] paravit, sed pater [​Karl I. der Große​], ne per semet ipsum illuc pergeret, eum impedivit. Preceperat namque tunc temporis fabricari naves contra Nordomanicas incursiones in omnibus fluminibus, quae mari influebant. Quam curam etiam filio iniunxit super Hrodanum [​Rhône​] et Garonnam [​Garonne​] et Silidam [​Loire​]. Attamen misit ei missum suum Ingobertum [​Ingobert​], qui filii praesentiam praeferret et vice amborum contra hostes exercitum duceret. Rege autem in Aquitania [​Aquitanien​] remanente ob supradictam causam, exercitus eius itinere prospero Barcinnonam [​Barcelona​] venit, ibique habito inter se consilio, qualiter hostibus clandestina possent supervenire inruptione, invenerunt hunc modum, scilicet ut naves transvectorias fabricantes, unamquamque earum in quaternas partirentur partes, quatenus pars quaterna cuiusque duobus aequis vel mulis vehi posset et praeparatis clavis et marculis facile coaptari valerent, pice vero et cera ac stupa praeparatis, mox ut ad flumen veniretur, conpagum iuncturę obcludi possent. Sic itaque instructi, maxima pars eorum cum praedicto misso Ingoberto Tortosam [​Tortosa​] petierat. At vero hii qui ad opus supradictum sunt deputati, Hademarus [​Graf Hademar von Narbonne​] scilicet, Bera [​Graf Bera von Barcelona​] et reliqui, trium dierum emenso itinere – erant enim sine sagmatibus – celo pro tecto utentes, foco ne fumo deprehenderentur renuntiantes, silvis se die occulentes, nocte quantum posse dabatur iter agentes, quarto die Hibero [​Ebro​] conpactis navibus ipsi quidem transpositi, aequos autem natatui commiserunt. Quod factum magnum voto eorum pepererat effectum, nisi fuisset acerrime deprehensum. Cum enim Abaidun dux Tortose [​Wali Ubaidun ibn al-Ghamr von Tortosa​] transitu nostros prohibiturus littora Hiberi [​Ebro​] obsideret fluminis, et illi, quos supra diximus, superiora illius modo praedicto transmitterent, Maurus quidam lavandi gratia flumen ingressus fimum a flumine vidit ferri ęquinum. Quo viso, sicut sunt nimię calliditatis, adnatans fimumque conprehendens et naribus admovens exclamavit: „Cernite”, inquiens, „o sotii, moneo quam cavete! Nam hoc stercus nec onagri est vel cuiuscumque animantis herbidis assueti pastibus; enimvero aequina haec esse constat aegesta, que certum est ordeum fuisse et ob hoc ęquorum vel mulorum pabula. Ideoque cautius vigilate! Nam in superioribus fluminis huius, ut cerno, nobis parantur insidiae”. Extimplo duos suorum conscensis speculatum dirigunt aequis. Qui nostris visis, quod verum erat, Abaiduno renuntiant. At illi timore coacti, omnibus quae castrensis habitatio habuit posthabitis atque dimissis, fuge se commiserunt, omniumque relictorum nostri potiti in eorum papilionibus illa sunt nocte hospitati; sed Abaidun, collecta multa manu hostium, eis in crastinum proeliaturus occurrit. Nostri tamen divino freti auxilio, licet inpares multoque numero inferiores, tamen hostes fugere conpulerunt multoque eorum strage viam fugientium repleverunt, et eo usque manus ab eorum cęde non continuerunt, donec solis dieique lumine recedente et umbra terram occupante, lumina stellarum noctem solatura succederent. His gestis, Christo favente ad suos sese magno cum gaudio et opibus collegerunt. Diu etiam simul obsessa urbe, domum repedarunt.

Übersetzung

15. In der nächsten Zeit rüstete König Ludwig [​Ludwig I. der Fromme​] wieder zu einem Zug nach Spanien [​Spanien​]; der Vater [​Karl I. der Große​] hielt ihn jedoch davon ab, in eigener Person die Leitung des Feldzuges zu übernehmen. Er hatte nämlich um diese Zeit angeordnet, daß auf allen Flüssen, die ins Meer münden, Schiffe gegen die Einfälle der Normannen gebaut werden sollten. Seinem Sohn übertrug er die Sorge dafür auf Rhone [​Rhône​], Garonne [​Garonne​] und Silida [​Loire​]. Doch schickte er ihm seinen Sendboten Ingobert [​Ingobert​], damit er den Sohn vertrete und anstelle von ihnen beiden das Heer gegen die Feinde führe. Aus dem genannten Grund blieb der König also in Aquitanien [​Aquitanien​], sein Heer gelangte indessen glücklich nach Barcelona [​Barcelona​]. Hier hielten (die Führer) untereinander Rat, wie man die Feinde durch einen heimlichen Einfall überraschen könnte, und entwarfen folgenden Plan: Sie bauten Schiffe zum Übersetzen, zerlegten jedes in vier Teile, so daß jeder Teil durch je zwei Pferde oder Maultiere gezogen werden konnte und (die Teile) sich durch vorher angefertigte Nägel und kleine Hämmer leicht wieder zusammenfügen ließen; mit Pech, Wachs und Werg, die man bereit hielt, sollten dann, sobald man zum Fluß käme, die Fugen an den Nahtstellen abgedichtet werden. Als man so weit gerüstet war, zog der größte Teil der Mannschaft unter dem Kommando des genannten Sendboten Ingobert nach Tortosa. Die Abteilung, welche zur Ausführung jenes Planes bestimmt war, nämlich Hademar [​Graf Hademar von Narbonne​], Bera [​Graf Bera von Barcelona​] und die übrigen, legte einen Marsch von drei Tagen zurück. Da man ohne Zelte war, lagerte man unter freiem Himmel, man machte kein Feuer, um sich nicht durch den Rauch zu verraten, tagsüber hielt man sich in den Wäldern versteckt, und in der Nacht rückte man vor, so weit man konnte. Am vierten Tag setzten die Männer auf den zusammengefügten Schiffen über den Ebro [​Ebro​], die Pferde durchschwammen ihn. Dieses Unternehmen hätte nach ihrem Wunsch einen durchschlagenden Erfolg gehabt, wenn es nicht auf scharfsinnige Weise durchschaut worden wäre: Da nämlich Herzog Abaidun von Tortosa [​Wali Ubaidun ibn al-Ghamr von Tortosa​] die Ufer des Ebro [​Ebro​] besetzt hielt, um die Unsern am Übergang zu hindern, und diese, wie beschrieben, den Fluß weiter oben überschritten, sah ein Maure, der zum Baden in den Fluß gestiegen war, Pferdemist im Wasser treiben. Sobald er ihn bemerkt hatte – so schlau sind diese Leute –, schwamm er hin, faßte den Mist, hielt ihn an die Nase und rief: „Seht her, Genossen! Ich rate euch, nehmt euch in acht! Denn das ist weder Mist von einem Waldesel noch überhaupt von einem grasfressenden Tier, sondern das ist bestimmt Pferdemist und war früher ohne Zweifel Gerste, das Futter von Pferden oder Maultieren. Seid daher noch wachsamer! Am Oberlauf dieses Flusses wird, wie ich merke, ein hinterlistiger Anschlag auf uns vorbereitet". Sogleich bestiegen zwei von ihnen die Pferde und gingen auf Kundschaft. Als sie die Unsrigen dann tatsächlich entdeckt hatten, meldeten sie dies Abaidun. (Die Feinde) aber ließen, von Furcht getrieben, das Lager und alles, was darin war, im Stich und ergriffen die Flucht; unsere Leute bemächtigten sich der zurückgelassenen Sachen und verbrachten die Nacht in den (feindlichen) Zelten. Abaidun sammelte eine große Zahl von Feinden und trat (den Unsern) am anderen Tag zur Schlacht entgegen. Im Vertrauen auf Gottes Hilfe zwangen die Unsrigen, obwohl an Kräften unterlegen und an Zahl weit schwächer, die Feinde dennoch zur Flucht und bedeckten den Weg der Fliehenden mit vielen Toten; und nicht eher ließen sie vom Morden ab, als bis die Sonne und das Tageslicht verschwunden waren, bis Dunkelheit die Erde bedeckte und die leuchtenden Sterne erschienen, um die Nacht zu erhellen. Darauf zogen sie sich unter dem Schutz Christi mit großer Freude und vielen Schätzen zu ihren Gefährten zurück. Lange Zeit belagerten sie noch gemeinsam die Stadt, dann gingen sie wieder nach Hause.

Hinweise zur Übersetzung

Vita Hludovici imperatoris 15, ed. Tremp 1995, S. 325-329.

Anmerkungen

Die Datierung ergibt sich aus Vita Hludovici imperatoris 15, ed. Tremp, S. 325, Anm. 178.
Der Sendbote Ingobert war möglicherweise ein Verwandter der Königin Irmingard, Hademar wohl Graf von Narbonne und Bera Graf von Barcelona (vgl. Vita Hludovici imperatoris, ed. Tremp, S. 327, Anm. 182; S. 317, Anm. 149; S. 323, Anm. 170).

Weitere Quellenstellen

ZitationInhaltsangabeInhaltsangabe zum BerichtDat.Datierung des Berichts
Vita Hludovici Pii imperatoris 0001König Karl I. der Große beschließt 778 die Kirche in Spanien gegen die Sarazenen zu unterstützen.778
Vita Hludovici Pii imperatoris 0002Der Sarazene Abu Tawr, Wali von Huesca, sendet 790 Gesandte und Geschenke zu König Ludwig I. dem Frommen, der in ...790
Vita Hludovici Pii imperatoris 0003König Ludwig I. der Fromme empfängt 797 in Toulouse Gesandte und Geschenke des Sarazenen Bahlul Ibn Marzuks, der auf ...798
Vita Hludovici Pii imperatoris 0004König Ludwig I. der Fromme zieht im Jahr 799 nach Spanien. Nachdem ihm Barcelona durch den Statthalter Sa’dun ...799
Vita Hludovici Pii imperatoris 0005Der Statthalter von Barcelona Sa’dun al-Ru’aini rückt im Jahr 803 bis nach Narbonne vor, gerät in Gefangenschaft und ...800/801
Vita Hludovici Pii imperatoris 0006König Ludwig I. der Fromme besiegt 806 verlustarm Sarazenen und Mauren während eines Feldzugs nach Spanien.um 808
Vita Hludovici Pii imperatoris 0007Das Heer König Ludwigs I. des Frommen wird auf Geheiß Kaiser Karls I. des Großen 807 nach Spanien geschickt. In ...808
Vita Hludovici Pii imperatoris 0008Im Jahr 808 zieht König Ludwig I. der Fromme selbst nach Spanien und kann Tortosa erobern.809
Vita Hludovici Pii imperatoris 0009Ein Heer König Ludwigs I. des Frommen belagert 809 unter der Führung Heriberts die Stadt Huesca und kämpft gegen die ...811
Vita Hludovici Pii imperatoris 0010König Ludwig I. der Fromme schließt 813 einen zweijährigen Frieden .812
Vita Hludovici Pii imperatoris 0011Kaiser Ludwig I. der Fromme und Emir al-Hakam I. von Cordoba vereinbaren 815 einen Frieden, der bereits 821 mit einer ...815, 820
Vita Hludovici Pii imperatoris 0012Gesandte des Emirs Abd ar-Rahmans II. von Cordoba werden 816 in Compiègne von Kaiser Ludwig I. dem Frommen empfangen ...816/817
Vita Hludovici Pii imperatoris 0013Kaiser Ludwig I. der Fromme erklärt Emir al-Hakam I. von Cordoba 821 den Krieg.821
Vita Hludovici Pii imperatoris 0014Befehlshaber der Spanischen Mark unternehmen 822 einen Beutezug in das Landesinnere von Spanien.822
Vita Hludovici Pii imperatoris 0015Die Grafen Eblus und Asinarius ziehen 823 auf Befehl Kaiser Ludwigs I. des Frommen über die Pyrenäen. Auf dem Rückweg ...824
Vita Hludovici Pii imperatoris 0016Kaiser Ludwig I. der Fromme rät im Februar 826 seinem Sohn Pippin, sich auf ein mögliches Eingreifen in Spanien ...Februar 826
Vita Hludovici Pii imperatoris 0017Der baskisch-gotische Graf Aizo erhält 826 von Emir Abd ar-Rahman II. von Cordoba Hilfstruppen für den Aufstand gegen ...826
Vita Hludovici Pii imperatoris 0018Der baskisch-gotische Graf Aizo rebelliert 827 gegen Kaiser Ludwig den Frommen und erhält Verstärkung durch ...827
Vita Hludovici Pii imperatoris 0019Kaiser Ludwig I. der Fromme verhandelt auf einer Reichsversammlung in Aachen im Februar 828 die gewaltsamen Übergriffe ...Februar 828
Vita Hludovici Pii imperatoris 0020Der Sohn und Mitkaiser von Kaiser Ludwig I. den Frommen, Lothar I., hält sich 828 in Lyon bereit, die Sarazenen zu ...828
Vita Hludovici Pii imperatoris 0021Bonifaz II., Graf von Lucca und Markgraf von Tuszien, hält sich 828 auf dem Mittelmeer auf, um Seeräuber aufzuspüren. ...828
Vita Hludovici Pii imperatoris 0022Auf eine Reichsversammlung in Diedenhofen kommen 831 auch drei Gesandte der Sarazenen, die Geschenke bringen und um ...Oktober 831

Zurück zum Werk (Vita Hludovici Pii imperatoris)

Zitierhinweis

Vita Hludovici Pii imperatoris 0007, in: Repertorium Saracenorum, hg. von Matthias Becher und Katharina Gahbler, unter Mitarbeit von Ben Bigalke, Jonathan Blumtritt, Lukas Müller, Patrick Sahle et al., URL: https://saraceni.uni-koeln.de/wiki/Vita_Hludovici_Pii_imperatoris_0007 (zuletzt abgerufen am 28.04.2024).