Carmen elegiacum in honorem Hludovici christianissimi Caesaris Augusti 0004

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Carmen elegiacum in honorem Hludovici christianissimi Caesaris Augusti 0004
aus dem Werk Carmen elegiacum in honorem Hludovici christianissimi Caesaris Augusti
Zitation Carmen elegiacum in honorem Hludovici christianissimi Caesaris Augusti I, ed. Dümmler 1884, S. 13-22, Z. 267-542.
datiert auf 801
VerfasserIn Ermoldus Nigellus
Abfassungsort Straßburg


Inhaltsangabe

Poetische Nacherzählung der Belagerung und Eroberung Barcelonas durch König Ludwig I. den Frommen [801]. Nach langer Belagerung gelingt es den Franken die Stadt einzunehmen, es wird große Beute gemacht, auch der Statthalter Sa’dun al-Ru’aini von Barcelona wird gefangen genommen und Kaiser Karl I. dem Großen gebracht. Die erbetene Hilfe aus Cordoba erhalten die Mauren nicht.

Volltext

Interea regis proceres populique phalanges
Dudum commoniti iussa libenter agunt.
Undique conveniunt Francorum more catervae,
Atque urbis muros densa corona tenet.
Convenit ante omnes Carolo [​Karl I. der Große​] satus agmine pulcro;
Urbis ad exitium congregat ille duces.
Parte sua princeps Vilhelm tentoria figit,
Heripreth, Lihuthard, Bigoque sive Bero,
Santio, Libulfus, Hilthibreth, atque Hisimbard,
Sive alii plures, quos recitare mora est.
Caetera per campos stabulat diffusa iuventus,
Francus, Wasco, Getha, sive Aquitana cohors,
It fragor ad caelum, resonat clangoribus aether;
Clamor in urbe, pavor, fletus et omnis adest.
Haec quoque dum geritur, reduces fert Hesperus umbras,
Barchinona [​Barcelona​], tuas possidet hostis opes.
Lucida namque homines ut primum Aurora revisit,
Commoniti comites regia tecta petunt;
[…]
Non aliter iussu Francorum exercitus omnis
Urbis in exitium itque reditque fremens.
Curritur in silvas, passim sonat acta securis,
Caeduntur pinus, populus alta cadit;
Hic scalas operator, agit hic ordine sudes,
Hic fert arma celer, contrahit hic lapides.
Spicula densa cadunt, nec non et missile ferrum;
Ariete claustra tonant, fundaque crebra ferit.
Nec minus interea Maurorum spissa caterva
Per turres residens castra tenere parat.
Princeps urbis erat Maurus, cognomine Zadun [​Sa’dun al-Ru’aini​],
Urbem qui hanc validis rexerat ingeniis.
Currit hic ad muros mesta comitante corona:
‘Quis sonus iste novus, o socii?’ rogitat.
Reddidit ast illi contraria dicta roganti
Quidam de sociis, omina dura canens:
‘Proelia non miscet Bero princeps ille Gothorum,
Quae totiens pepulit lancea nostra procul;
Sed Hludowicus [​Ludwig I. der Fromme​] adest, Caroli [​Karl I. der Große​] clarissima proles,
Ordinat ipse duces, et gerit arma manu.
Ni celerans subeat miseris nunc Cordoba [​Cordoba​] nobis,
Et nos, et populus, urbsque verenda cadet.’ […]
Interea iuvenes spissa comitante caterva
Ariete claustra terunt; undique Mars resonat.
Pulsantur muri quadrato marmore septi,
Spicula densa cadunt, et feriunt miseros.
Tum Maurus Durzaz [​Sa’dun al-Ru’aini​] turri conclamat ab alta,
Voce cacinnosa bombica dicta canens:
‘O gens dura nimis, latum diffusa per orbem,
Cur pia castra quatis, inquietasque pios?
Nonne putas subito has evertere funditus aedes,
Quas Romanum annis mille peregit opus?
Aufuge, France ferox, te aspectibus abstrahe nostris,
Nec visu facilis, nec tua iussa placent.’
[…]
Clamores tollunt laetanti pectore Franci;
E contra Mauros fletus habet miseros.
[…]
Non aliter bello poterant accedere Franci,
Sed nunc missilibus, nunc quoque fundibulis.
Iusserat acer eis Zadun nec credere bello,
Nec castris vellent forte referre pedem.
Haec quoque bis denos res per contraria soles
Accidit, eventus contulit in varios.
Machina nulla valet murorum frangere postes;
Invenit haud aditum hostis in insidias.
Non tamen a coepto cessat certamine bellum,
Quin muri crebro obice claustra terat.
[…]
 ‘Concipe, Maure, precor, haud mollia dicta superbe,
Nec placitura tibi, veraque credo satis.
Cernis equum maculis variisque coloribus aptum,
Quo vehor, intendens moenia vestra procul.
Ante equidem nostris indignis morsibus escis
Occidet, et nostro dente terendus erit,
Vestra vetata nimis quam moenia nostra caterva
Deserat: haut unquam proelia coepta cadent.’
Is nigra mox nigris percussit pectora pugnis,
Ora uncis foedans unguibus atra miser;
Et cadit in faciem perculsus corda pavore
Infelix pulsans vocibus aethra poli.
Deseruere arces socii, magnoque stupore
Mirantur Francos, verbaque dura nimis.
[…]
Non aliter Mauros timidos fugitando per urbem
Insequitur gladius undique, morsque, pavor.
[…]
Hoc signo Mauri turbati corde pavore
Mirantur ferrum, plus iacientis opus.
Quid facerent? Iam rex aberat, iam pugna tepebat;
Maurorum primos abstulerat gladius.
Tandem iam victi nimium belloque fameque,
Consilio unanimi reddere castra volunt.
[…]
Ad proprias victor rex populusque suus.
Ducitur interea ad Carolum longo ordine praeda
Maurorum spoliis muneribusque ducum,
Arma et loricae, vestes galeaeque comantes,
Partus equus faleris, aurea frena simul.
Zado tremens nimium, nolensque revisere Francos,
Pergit et ipse pigro consociante gradu.
[…]

Übersetzung

Aber es folgten des Königes Große und sämmtlicher Heerbann
Längst entboten indeß seinem Befehle mit Lust.
Ringsher kommen zusammen nach fränkischer Sitte die Schaaren
Und um die Mauern der Stadt schlingt sich der dichteste Kranz.
Diesen vereint Karl’s [​Karl I. der Große​] Sprößling vor allen mit prächtiger Schaar sich
Und zum Sturze der Stadt bringt er die Fürsten herbei.
Hier schlägt seinerseits auf Fürst Wilhelm seine Gezelte,
Heripreth, Lihuthard, Bero und Bigo zugleich
Santio dann und Libulf, Hilitbreth und auch Hisimbard
Und viel andere noch, die zu erwähnen nicht Zeit.
Hin auf den Anger gebreitet kampiret die übrige Jugend,
Waske und Gothe und Frank und Aquitaniens Schaar.
Himmelwärts steigent der Lärm, vom Getös‘ erdröhnet der Aether,
Doch in der Stadt ist Geschrei, überall Weinen und Furcht.
Während sich dieses begiebt, bringt Hesperus wieder das Dunkel
Und, Barchinona, der Feind nimmt in Besitz dein Gebiet.
Aber sobald zu den Menschen der leuchtende Morgen zurückkehrt‘,
Eilen die Grafen dem Ruf folgend zu Königes Hof.
[…]
Also bewegt auf Geheiß sich der Franken sämmtliche Heerschar
Hin und her mit Gejauchz‘, sinnend Verderben der Stadt.
Hin zu dem Walde man rennet, es tönt in die Runde der Axt hieb,
Pinien werden gefällt, ragende Pappeln dazu.
Leitern fertiget dieser und der setzt Pfähl‘ in die Reihe,
Der bringet Waffen in Eil‘, Steine schafft jener herbei.
Dicht fällt leicht’res Geschoß und dazu die geschleuderte Lanze.
Bockstoß dröhnet am Thor, Schleudern treffen es oft.
Ebenso häufig bemüht sich indessen der Haufe der Mauren,
Dicht auf die Thürme gestellt, tapfer zu halten die Burg.
Fürst in der Stadt war ein Maure mit Name Zadun [​Sa’dun al-Ru’aini​] geheißen,
Welcher mit kräftigem Sinn führte das Stadtregiment.
Dieser nun eilet zur Mauer, umgeben von zagenden Schaaren.
„Freunde, so fragt er, was ist dies für ein seltsamer Ton?“
Nicht wie er wünschte jedoch entgegnet ihm einer der Freunde
Also und krächzet das Wort übeler Ahnungen voll:
„Nicht ist's Bero der gothische Fürst, der Fehd' uns bereitet,
Welchen so oft unser Speer scheucht' in die Ferne hinweg.
Vielmehr Hludowich [​Ludwig I. der Fromme​] selber erschien, Karl's [​Karl I. der Große​] ruhmvoller Sprößling,
Setzet die Obersten selbst, führet das Schwert in der Hand.
Wenn nicht Cordoba [​Cordoba​] eilend uns Zuzug thut in dem Unglück,
Dann wird fallen das Volk, wir und die theuere Stadt.“
Niedergeschlag'nen Gemüthes hervor stößt jener die trüben
Wort' und siehet vom Thurm unten die Waffen so nah:
„Rührt euch, Freund', und laßt vor dem Feinde die Mauer uns schützen,
Hülf' auch wird uns vielleicht Cordoba bringen sodann. […]“
Doch es berennet indessen in hellen Haufen die Jugend
Mit Sturmböcken das Thor, ringsher lärmet die Schlacht.
Stoß erschüttert die Mauern, mit Quadersteinen bekleidet,
Dicht fällt hin das Geschoß und auf Unselige trifft's.
Da ruft nieder vom ragendem Thurme der maurische Durzaz
Und mit höhnender Stimm' schreit er das gellende Wort:
„Höre, du hartes Geschlecht, das sich breitet über das Erdreich,
Weshalb bestürmst du das Schloß, störend der Gläubigen Ruh?
Meinest geschwinde die Häuser von Grund auf jetzt zu vernichten,
Die ein Jahrtausend hindurch römische Arbeit erschuf.
Flieh', unbändiger Franke, entzieh dich unsrem Gesichtskreis,
Weder dein Anblick behagt, noch auch gefällt uns dein Joch.“
[…]
Siegesgeschrei nun erheben mit freudigem Herzen die Franken,
Aber die Mauren erfüllt Jammer bei ihrem Geschick.
[…]
Anders vermochten die Franken sich nicht im Gefechte zu nähern,
Als mit geworf'nem Geschoß oder mit Schleudergeräth.
Zadun der Kräftige warnt sie, nicht offene Schlachten zu wagen,
Noch von den Zinnen sich je etwa zurückezuziehn.
Und so begab sich das Ding stets wechselnd in zwanzig der Tage,
Und gar verschiednen Erfolg bracht' es für jede Partei.
Keine Geschütze vermögen die Pfosten der Mauern zu brechen,
Und zu des Feindes Versteck finden sie nirgend den Weg.
Nimmer jedoch läßt los den begonnenen Kampf die Belag'rung.
Mit Sturmböcken der Burg Thore berennend gar oft.
[…]
 „Hör', ich bitte, mein Wort, hochmütiger Maure, nicht sanft ist's
Und dir wenig genehm, wahr jedoch ganz, wie ich glaub'.
Siehe mein Roß mit dem Schmuck buntfarbiger Flecken gezieret,
Welches ich reite, von fern sprengend an euere Burg.
Eher soll es von unseren Bissen zum ekelen Mahle
Sterben, und unserem Zahn sei's zu zermalmen gegönnt,
Als daß unsere Schaar die so hart verweigerten Mauern
Aufgiebt; ruhen nicht soll, einmal begonnen, der Krieg.“
Drauf schlug jener die schwärzliche Brust mit den schwärzlichen Fäusten,
Und mit den Nägeln zerkrallt schnöd' er das Mohrengesicht.
Dann von Schrecken gelähmt in dem Herzen stürzt er aufs Antlitz,
Füllend mit gellendem Schrei traurig die luftigen Höh'n.
Fort von den Zinnen weichen die Freund' und voll von Entsetzen
Staunen die Franken sie an und ihren grimmen Bescheid.
[…]
Also ereilt in der Stadt hinjagend die furchtsamen Mauren
Rings der verfolgende Spieß, Sterben und panischer Schreck.
[…]
Dies Wahrzeichen erfüllet mit Beben die Herzen der Mauren,
Sehend mit Staunen den Speer, mehr noch des Schleuderers Werk.
Was blieb übrig? Es fehlte der König, erlahmte der Kriegsmut,
All' die Besten geraubt hatte den Mauren das Schwert.
Grimmig besieget von Krieg und von Hunger ist endlich ihr Wille
Aus einhelligen Schluß jetzt zu ergeben die Stadt.
[…]
Dann, wie er Wächter zum Schutze gesetzet, begiebt sich nach Hause
Siegreich der König zurück, wie auch sein sämmtliches Volk.
Hierauf führt man zu Karl in langem Zuge die Beute,
Allerlei Maurentrophä'n und ihrer Helden Geräth,
Waffen und Brünnen und Kleider und Helme mit buschigen Schweifen,
Rosse mit köstlichem Schmuck, goldene Zügel dazu.
Zado, der zitternd sich sträubet die Franken noch einmal zu sehen,
Wandelt, zu ihnen gesellt, lässigen Schrittes dahin.
[…]

Hinweise zur Übersetzung

Ermoldus Nigellus, Lobgedicht auf Kaiser Ludwig und Elegien an König Pippin, übers. von Theodor Gottfried Martin Pfund – Wilhelm Wattenbach (Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 18), Leipzig ³1940, S. 14-24.

Anmerkungen

Hier sind nur Auszüge des ausführlichen Berichts über die Belagerung und Eroberung Barcelonas zusammengetragen.
Datierung durch den Editor, die Quelle selbst bleibt ohne Zeitangabe.
Das Schlagwort ‚Hispania; Spanien‘ taucht in den ausgelassenen Passagen auf.

Weitere Quellenstellen

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Zitierhinweis

Carmen elegiacum in honorem Hludovici christianissimi Caesaris Augusti 0004, in: Repertorium Saracenorum, hg. von Matthias Becher und Katharina Gahbler, unter Mitarbeit von Ben Bigalke, Jonathan Blumtritt, Lukas Müller, Patrick Sahle et al., URL: https://saraceni.uni-koeln.de/wiki/Carmen_elegiacum_in_honorem_Hludovici_christianissimi_Caesaris_Augusti_0004 (zuletzt abgerufen am 29.04.2024).